19. Spieltag - Ulm (A)
Zum Krisenduell mit dem schwarz-weißen Schwimm- und Sportverein von 1846 reisten die Jahn-Schlachtenbummler per Schiene. Die Stimmung im proppenvollen Zug, bei dem sich das ein oder andere Blonde einverleibt wurde, war anfangs ausgelassen, durchaus positiv und äußerst optimistisch. Bekanntlich sollte sich das im weiteren Verlauf des Tages noch drastisch ändern. Das Hinspiel gegen die Ulmer Spatzen konnte die Jahnelf damals mit 1:0 für sich entscheiden. Der Tabellensiebzehnte aus dem Bundesland Baden-Württemberg war vor dieser Partie mit drei Punkten Vorsprung in direkter Schlagdistanz. Es war das erst vierte direkte Duell im Ligaspielbetrieb. Unsere Rothosen gewannen dabei zwei Mal und mussten sich bis dato nur im Rückspiel der letzten Aufstiegssaison im Donaustadion geschlagen geben.
Die Ulmer Lautsprecheranlage, die die mitgereisten Gästefans aus Regensburg nach dem kleinen Ulm-Spaziergang und vor der Partie wieder mit gefühlt 2.000 dB durchgehend beschallte, läutete diesen Seuchenspieltag perfekt ein. Zum Spielverlauf gibt es relativ wenig zu schreiben. Uns fehlen regelrecht die Worte. Gegen den Tabellenvorletzten, der seit elf Spielen auf einen Sieg wartete, fünf Dinger zu fressen, von denen vier Buden vom gleichen Ulm-Akteur erzielt wurden, ist schon harter Tobak. Was aber vielleicht noch einen Tick schlimmer war, war definitiv die Schmach, fünf Mal mit der Ulmer Torhymne „La Cucamarcha“ von „TNN“ zugedröhnt zu werden. Was für ein Fiebertraum, aber irgendwie auch ein absoluter Banger. Unser zweitligawürdiger Auftritt im Gästebereich wurde mit einer „Kämpfen bis zum Ende“-Choreo, die mit aufblasbaren roten und weißen Folienstäben einen ansehnlichen Rahmen schaffte, begonnen. Das Gekicke unserer Mannschaft hatte mit Kampf, Leidenschaft und Einsatz rein gar nichts zu tun. Nichtsdestotrotz bestritten wir lautstark und mit guter Bewegung diesen Krisengipfel und setzten auch bei den letzten beiden Gegentoren zum Pogo an. Irgendwann in der zweiten Spielhälfte rutschte dann der anpeitschende Support in eine lautstarke Sarkasmus-Schiene, bei der die anwesenden Jahnfans dem Spielfeld den Rücken zuwandten und mit dem „Poznań“ eine für Jahn-Verhältnisse recht rare Fanaktion durchführten. Weiter ging es mit „Super SSV“-Sprechchören, dem „SSV-Jahn-Walzer“ und „Wir fahren weit, wir fahren viel, wir verlieren jedes Spiel“-Gesängen. Der „Ehrentreffer“ kurz vor Schluss wurde dann mit dem „Ein Schuss, ein Tor, die Jahnelf!“-Lied zelebriert. Wir können uns nicht daran erinnern, dass sich so etwas in der jüngeren Vereinsgeschichte aus Fansicht schon einmal ereignete. Besondere Zeiten fordern eben doch irgendwie besondere Maßnahmen. Ein bisschen Galgenhumor schadet halt in solchen Situationen auch nicht. Nach dem Spiel kam es noch zu einem ordentlichen Wortgefecht inkl. einer kleinen Auseinandersetzung zwischen Mannschaftsteilen und Jahnfans auf der Ulmer Tartanbahn. Dass dann noch ein frischer Neuzugang meint, er müsse den großen Helden für seine rot-weißen Versager spielen und sich in diesem Zuge mit den Vertretern der aktiven Fanszene anlegen, war dann irgendwie die Kirsche auf der Torte.
Wir sind tatsächlich sprachlos. Wenn wir in diesem Spielbericht genau das schreiben würden, was wir im Moment fühlen und denken, hätten wir ein gewaltiges Problem. Es ist sofortige Wiedergutmachung angesagt, falls dies überhaupt noch möglich ist. Am kommenden Samstag ist mit der Berliner Hertha ein anderes Kaliber zu Gast im heimischen Jahnstadion. Die Mannschaft ist aktuell auf dem besten Weg, die Kurve zu verlieren. Ob das im Sinne aller ist, sei mal dahingestellt. Es muss umgehend etwas passieren.
Wir wollen euch kämpfen sehen!
~ Castra Regina Invicta